Faircamp als selbstgehostete Alternative zu Bandcamp
Meine Mastodon-Instanz metalhead.club hat mittlerweile schon einige Unterprojekte hervorgebracht: T-Shirts, Patches, Flyer, Plakate, Sticker und sogar ein Bier. Alles mit dem metalhead.club-Branding.
Nun ist aber ein ganz besonderes Projekt fertig geworden, an dem ich nicht direkt beteiligt war: Ein metalhead.club Song! Oder wohl eher: Eine Hymne!
Einige talentierte Member haben sich im Sommer 2024 zusammengeschlossen, um einen Song für und über ihre Lieblings-Mastodoninstanz zu schreiben - und das ist ihnen sehr gelungen! Das Ergebnis kann hier angehört und gegen eine kleine Spende auch heruntergeladen werden.
Bandcamp: Als Künstler nur mit PayPal
Nun galt es allerdings, den Song auf einer passenden Plattform zu veröffentlichen und interessierten Membern und Nutzern anderer Mastodon-Instanzen zum Download anzubieten. Mein erster Gedanke ging Richtung Bandcamp. Dort höre und kaufe ich seit vielen Jahren sehr gerne Musik. Der separate Künstleraccount war schnell angelegt, doch relativ schnell weichte die anfängliche Begeisterung der Ernüchterung: Bandcamp unterstützt (zumindest hier in Deutschland) einzig und allein den Zahlungsdienstleister PayPal.
Während man als normaler Bandcamp-Nutzer wenigstens noch auf die Zahlung via Kreditkarte ausweichen kann, bleibt bei Künstleraccounts nur die Verknüpfung mit einem PayPal Konto. Anders lassen sich Zahlungen für die entstandenen Einnahmen nicht entgegennehmen. Sehr schade, denn Sinn und Zweck der Veröffentlichung sollte (auch aus Sicht der Band!) sein, dass die beim Verkauf eingenommenen Gelder für die weitere Finanzierung der Mastodon-Instanz verwendet werden sollten. Da Bandcamp keinerlei Alternativen anbietet, war die Plattform für mich also eine Sackgasse. PayPal ist für mich seit dem Zwischenfall im Dezember 2022 ein No-Go!
Faircamp als Alternative?
@MiseryPath, der das Song-Projekt ins Leben gerufen hat, brachte dann aber relativ schnell das richtige Stichwort ins Spiel: “Faircamp”!
Bei Faircamp handelt es sich nicht etwa um eine Bandcamp-Kopie, sondern genau genommen nur um einen Static Site Generator, aus dem sich Künstler ihre eigenen kleinen Bandcamp-ähnlichen Websites generieren können. Das Projekt wurde von Simon Repp ins Leben gerufen und maßgeblich entwickelt. Von Faircamp habe ich vor einer Weile schon einmal gehört und auch schon einzelne Künstlerseiten gesehen, die darauf basieren.
Also habe ich mir das Tool selbst einmal genauer angesehen und nach ersten Gehversuchen damit war ich schnell begeistert! Faircamp eignet sich hervorragend für genau das, wofür es vorgesehen ist: In kurzer Zeit eine eigene Bandcamp-ähnliche Website an den Start zu kriegen! Und das geht so:
Je nach Plattform wird das Faircamp Binary auf dem System installiert. Unter Fedora Linux ist das mit wenigen Kommandos erledigt:
1sudo dnf install cmake ffmpeg-free gcc git opus-devel rust vips-devel
2git clone https://codeberg.org/simonrepp/Faircamp.git
3cd Faircamp
4cargo install --features libvips --locked --path .
Danach wird der sogenannte “Catalog” angelegt: Ein Verzeichnis, das die zu veröffentlichen Musikdateien und (je nach Anpassungsbedarf) auch ein paar Konfigurationsdateien enthält. Hat man seine Verzeichnisstruktur fertiggestellt und alle Musikdateien passend sortiert abgelegt, wird in diesem Verzeichnis nur noch das faircamp
Executable aufgerufen.
Und fertig ist die Website. Das Executable nimmt sich alle Dateien, konvertiert die Songs in die vorgegebenen bzw. passende Dateiformate, bringt auf Wunsch Metadaten mit ein und erzeugt alle HTML-Dateien und Assets, die für den Betrieb einer kleinen Website erforderlich sind. Die Dateien können dann per FTP oder SSH auf einen beliebigen Webspace hochgeladen werden. Dieser muss nur das Minimum von dem Erfüllen, was ein Webspace erfüllen muss: Er muss Dateien ausliefern können. Datenbank, PHP, Python oder irgendwelche speziellen Einstellungen werden nicht benötigt - der Charme eines Static Site Generators eben …
Das Resultat kann dann beispielsweise so aussehen:

Screenshot von Faircamp unter music.metalhead.club
Das Basis-Design ist vorgegeben. Allerdings lassen sich je nach Geschmack auch einige Schaltflächen oder Sektionen ein- oder ausblenden, umbenennen und die Farben für Hintergrund und Akzentfarben anpassen. Ich habe mich für ein ziemlich schlichtes Design entschieden.
“Softes” Abkassieren
Mit dabei ist auch eine “Weiche Bezahlschranke” (“Soft paycurtain”). Soll heißen: Man kann für die angebotenen Musikdateien durchaus einen Preis angeben. Entweder einen Fixpreis oder einen Preisbereich. Der Nutzer kann dann im Rahmen dessen selbst entscheiden, wie viel er für einen Download zu zahlen bereit ist. Allerdings wird der Bezahlvorgang bei dieser “soft” Variante nicht verifiziert, denn ob der Nutzer für einen Download gezahlt hat (oder nicht!), können wir technisch nicht abfragen. Das liegt in der Natur einer statischen Website: Anders als bei anderen Modellen kann der Server hier im Hintergrund keine Logik verarbeiten und somit nicht überprüfen, ob tatsächlich eine Zahlung getätigt wurde. Auch eine clientseitige Verifizierung ist relativ sinnlos - diese lässt sich sehr einfach manipulieren.
Insofern ist man spätestens hier auf die Ehrlichkeit der Nutzer angewiesen: Wer an dem Track interessiert ist, wird mit der entsprechenden “Ich habe bereits gezahlt”-Schaltfläche hoffentlich zurecht quittieren, dass er oder sie zu dem Download berechtigt ist. Selbstverständlich lässt sich die Bezahlung kinderleicht umgehen, wenn man das will.
Das lässt sich aus meiner Sicht in diesem Fall aber absolut verkraften. Denn mit der Musik soll nicht Geld gescheffelt werden - es geht darum, potentiellen metalhead.club-Spendern für ihre Spende eine kleine Belohnung in Form des Song-Downloads zu geben. Und das kann mit Faircamp ganz wunderbar umgesetzt werden - und ganz ohne PayPal, ohne Gebühren für Zahlungsdienstleister und ohne Aufschläge in Form von Steuern, weil der Plattformanbieter beispielsweise in den USA sitzt … ;-)
Wer auch mit dem Gedanken spielt, seine Musik auf einer selbst gehosteten Website zum Kauf oder kostenlosen Download anzubieten, sollte sich Faircamp einmal ansehen. Zumindest dann, wenn eine Bezahlung nicht verifiziert werden muss und es keinen Nutzeraccount mit eigener Bibliothek braucht, kann Faircamp eine tolle Alternative zu den zentralen Plattformen wie Soundcloud oder Bandcamp sein.